Vorstellung vom 28.01.2022 im Opernhaus Bonn
Beim Schlussapplaus hielt es kaum jemanden auf seinem Sitz und es ertönt der zweitlängste Schlussapplaus, den ich je erleben durfte. Den für mich längsten gab es im vergangenen Jahr beim Musical Goethe in Bad Hersfeld – wen wundert es – ebenfalls inszeniert von dem fantastischen Geschichtenerzähler Gil Mehmert! Der Broadway-Hit Chicago wird bereits seit Sommer in Bonn aufgeführt, und immer noch ist es schwer, an Karten zu kommen. So prangte auch am 28.01.22 das “Ausverkauft” Schild an der Abendkasse.
Das Saallicht verlöscht pünktlich. Dabei wird die spektauläre Lichtplastik« aus 1500 Lampen hochgefahren und verglimmt langsam “wie die Milchstraße”. Der Vorhang ist bereits geöffnet und gibt den Blick auf das Bühnenbild mit Showtreppe, die Skyline von Chicago und die runde, drehbare Mittelbühne frei. Erste atmosphärische Nebelschwaden auf der Bühne künden vom baldigen Beginn und lassen die Spannung in den nachtblau bezogenen Sesseln steigen.
Die in weiße Anzüge elegant gekleidete Live-Band hat im Halbkreis um die Drehbühne Platz genommen und gleich mit den ersten Tönen der Ouvertüre sind wir mitten drin in der Gangsterhochburg und Jazz-Stadt Chicago der 1920er-Jahre.
Erzählt wird eine bitterböse Geschichte: Die verheiratete Roxy Hart erschießt ihren betrügerischen Liebhaber Fred Casely und landet im Frauengefängnis, in dem sie auf ihr Idol Velma Kelly trifft. Auch Velma ist des Mordes angeklagt und beide träumen von der großen Showkarriere nach dem Freispruch, für den sie alles tun würden. In kürzester Zeit wandelt sie sich vom naiven Blondchen zum berechnenden Luder, das auch vor einer vorgetäuschten Schwangerschaft nicht zurückscheut. Mit gut inszenierten, medienwirksamen Auftritten vor Gericht versuchen Roxy und Velma, in den Schlagzeilen zu bleiben. Mama Morton, die korrupte Gefängnisaufseherin, vermittelt beiden den Staranwalt Billy Flynn, der die lukrative Vermarktung der Damen und das Spiel mit der Presse vortrefflich versteht.
In dem funktionalen Bühnenbild werden Ortswechsel in der Story mit wenigen Requisiten wirkungsvoll in Szene gesetzt. So schwebt Velma Kelly effektvoll bei ihrer ersten Nummer „All that Jazz“ senkrecht auf einem schwarzen Doppelbett zur Bühne hinab.
Ein großes Paragrafen-Zeichen dient als Hinrichtungsstätte für Huynak und fungiert später als Anklagebank für Roxy vor Gericht. Beim großartigen “Cell Block Tango” markieren Gitterstäbe die düstere Gefängnisatmosphäre, in der die Inhaftierten ihre blutigen Taten besingen.
In dubio pro Roxie
Herausragend ist die gesangliche und schauspielerische Leistung der Akteure.
Die Besetzung ist hochkarätig:
Bettina Mönch und Elisabeth Hübert brillieren mit Stimme, Tanz und Schauspiel in ihren Rollen als Velma Kelly und Roxie Hart.
Countertenor Victor Petersen agiert erstklassig mit klasse Überraschungseffekt in der Rolle der Boulevardjournalistin Mary Sunshine.
Blind vor Liebe lässt sich der naive Ehemann Amos Hart immer wieder von seiner Roxy um den kleinen Finger wickeln. In seiner Solonummer “Mr. Cellophan” singt sich Volker Metzger in die Herzen des Publikums.
Die Rolle von Staranwalt Billy Flynn ist eiskalt und manipulativ angelegt und wird von Anton Zetterholm meisterlich und glaubwürdig umgesetzt.
Dionne Wudu begeistert zwischen Glitzer- und Gefängniskluft mit ihrer fantastischen, dunklen Soulstimme sowohl in der Rolle der korrupten Gefängnisaufseherin Mamma Morton wie auch als Conférencieuse.
Die mitreißende Inszenierung mit den raffinierten Choreografien von Jonathan Huors belohnt das begeisterte Publikum immer wieder lautstark mit Jubel und Zwischenapplaus.
Die tollen, funkelnden Showkostüme, eine perfekte Ausleuchtung, der ausgezeichneter Ton und die musikalische Begleitung bieten der hollywoodreifen Geschichte um Mord, Liebe und Ruhm den passenden Rahmen. Eine sehr unterhaltsame Mischung aus Gesang, Tanz und Schauspiel fügt sich zu einer kurzweiligen Show-Revue zusammen und sorgt am Schluss absolut zu Recht für großen Jubel und stehende Ovationen des Publikums.
Musical-Vaudeville in zwei Akten
Buch von Fred Ebb & Bob Fosse, Liedtexte von Fred Ebb
nach dem Theaterstück Chicago von Maurine Dallas Watkins
deutsche Übersetzung von Erika Gesell und Helmut Baumann
Musik von John Kander
in deutscher Sprache
Aufführungsdauer: ca. 2h 35′ (eine Pause)
Premiere im Opernhaus Bonn am 29. August 2021
BESETZUNG
Regieassistenz Sandra Wissmann
TERMINE UND KARTEN
Ein Musical-Vaudeville
Ein Musical-Vaudeville
Ein Musical-Vaudeville
Ehrenamtskarten-Aktionsveranstaltung
Ein Musical-Vaudeville
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