Köln, Gloria Theater – 26.04.2019, es ist 18.30 Uhr und ich stehe mit einigen anderen Russkaja Fans vor der Tür vom Gloria in Köln. Ich werde in den Backstagebereich geführt, wo auch schon Dora, Arnold, Iris und Pascal auf ihr Meet & Greet mit der Band warten.

Frontmann Georgij nimmt sich die Zeit für ein Interview mit checkbar.eu.

checkbar.eu: Wie gefällt Euch Köln, habt Ihr schon etwas von der Stadt gesehen?

Georgij: Ja, wir sind heute ein bisschen spazieren gegangen durch Köln. Die Kastanien blühen, das ist wirklich ganz hübsch. In ein paar Straßen stehen ganz alte Häuser neben sehr Modernen. Das ist auch sehr schön. Den Dom hab ich nur aus der Ferne gesehen, der gehört aber auch einmal geputzt von Außen.


chekbar.eu: Ich glaube, der gehört so. Ihr habt vorhin auch Straßenmusik gemacht und damit sogar Geld eingenommen?

Georgij: Ja, ja, das habe ich hier in der Hosentasche.

checkbar.eu: Und ihr tretet heute Abend trotzdem noch auf?

Georgij: Ja, wir treten dennoch auf – wir müssen ja irgendwie dieses Geld wieder ausgeben.

checkbar.eu: Eure neue CD ist anders als die Vorgänger. Vielleicht kannst Du zu den Texten der Songs noch etwas mehr sagen. Bei Druschba und No One is illegal ist der Inhalt klar.

Georgij: Bei Love Revolution ist im Prinzip auch alles klar. Es geht um den Traum von einer Welt, in der die Liebe regiert. Das wollen wir doch alle. Bei Kosmopolit sagt der Name schon, worum es geht. Mit dem fangen wir auch gleich an.
Adjet – behandelt die Liebe zum Vater. Der Song ist in russisch und englisch. Wir haben auf dieser CD mehr in englisch gemacht, wie Du vielleicht gemerkt hast. Bei vielen unserer Songs muss die Aussage erst in einem selbst reifen. Und ich möchte Dir die Freude des Findens nicht nehmen, indem ich Dir das zerkaue und sage, worum es geht. Zum Teil haben die Leute einen Song auch ganz anders interpretiert. Das ist ja auch schön, wenn ein Lied soviel Raum bietet.


checkbar.eu: Gibt es bei Adjet ein persönliches Erlebnis, was dich zu dem Song inspiriert hat?

Georgij: Ich sehe meinen Vater sehr selten. Er lebt in Moskau. In letzter Zeit haben wir uns ein bisschen öfter gesehen, vielleicht kommt daher die Inspiration. Für meinen Vater habe ich noch nie einen Song geschrieben. Für alle möglichen Leute, aber für meinen Vater noch nicht.

checkbar.eu: Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit der bosnischen Band Dubioza Kolektiv?

Georgij: Eine Super Band mit extrem coolen Typen. Wir haben uns auf verschiedensten Festivals getroffen. Es war immer sehr lustig und irgendwann kam die Idee, etwas zusammen zu machen. Die rappen mit DJ Sound, das geht irrsinnig ab. Ich hab die Idee zu einem Song gehabt und wir haben die Spuren im Internet hin und her gesendet. Dubiosa Kolektiv haben bei sich zu Hause recorded und uns den fertigen Song dann zugeschickt.


checkbar.eu: Wann ist der beste Zeitpunkt, eure Musik zu hören?

Georgij: Es ist jetzt kein easy listening, sagen wir es mal so. So nebenbei in einer gemütlichen Stunde passt unsere Musik wahrscheinlich nicht. Am besten ist es, uns live zu hören, da sind einige Versionen mit anderen Rhythmen, ein bisschen umarrangiert und solche Sachen.

checkbar.eu: Seid ihr nervös vor dem Auftritt?

Georgij: Wir sind jetzt sehr gut vorbereitet. Bei den ersten Konzerten waren wir nervös, ob wir alles richtig spielen. Jetzt ist die Nervosität in eine Freude übergegangen. Wir haben schon ein paar Sets gespielt und finden das Programm ist sehr kompakt und gut abgestimmt. Und deswegen sind wir eigentlich nicht nervös. Ich muss nur schauen, dass ich mich gut einsinge vorher. Es ist diese fröhliche Aufregung, keine negative sondern eine positive.


checkbar.eu: Was ist eine Potete?

Georgij: Das ist ein Spezialinstrument. Es wurde extra für Hans-Georg entwickelt von Robert Schagerl, einem Blasinstrumentenbauer aus Oberösterreich. Es ist eine Mischung aus Posaune und Trompete – wie erklär ich das jetzt? Es hat drei Drehventile und einen kleinen Zug. Ein ganz tolles Instrument mit einem schönen Klang.

checkbar.eu: So ein Auftrittstag ist ja lang, vor allem wenn ihr Festivals spielt. Was macht ihr in der Wartezeit

Georgij: Auf Festivals nutzen wir die Zeit, um ein bisschen was anzuschauen. Das ist für mich auch die einzige Möglichkeit, wo ich ein bisschen was sehen kann. Von der Welt, von der Stadt oder auch andere Bands.


checkbar.eu: Was war euer schlimmstes Erlebnis auf der Bühne?

Georgij: Wir waren mal in Kroatien. Kennst Du die Story schon?

checkbar.eu: Da war ein Sturm. Mehr weiß ich aber nicht.

Georgij: Das war ein Orkan, mehr gibt es auch nicht zu erzählen. Orkan – fertig.
Nein, das musst Du dir so vorstellen: Die Bühne war am Strand, da standen Verkaufshäuschen für Schnickschnack. Dann kam eine eine Promenade und dahinter die Vorgärten von den Lokalen. Das Bühnenzelt wurde zwischen zwei Palmen aufgespannt, also eine richtig schöne Location. Bis es so gemacht hat: Tropf…..Tropf….Tropftropf…tropftropftropftropftropf. Ich singe noch den Song, dreh mich um und sehe, das die Jungs schon nicht mehr spielen und alles abbauen. Irgendwie habe ich den Song noch alleine fertig gesungen, aber innerhalb von Sekunden hat sich alles in eine irrsinnige Naturgewalt verwandelt. Wir haben noch versucht, uns unter einen riesigen Schirm zu stellen, damit wir nicht nass werden. Aber diesen Schirm hat es einfach so ins Wasser geweht, der war weg – wie so ein Luftballon, den Du wegzischen lässt. Dunkel ist es geworden, die Leute haben geschrieben und sind in Panik hin und her gelaufen.  Sachen flogen durch die Gegend.  Die Leute haben versucht, sich in Lokalen und Häusern zu verstecken. Natürlich war es in kürzester Zeit überall voll und du kamst nirgendwo mehr rein. Irgendwann habe ich alles fallen lassen, ich war klatschnass. Der Regen fiel mir nicht nur auf den Kopf sondern überall hin. Ich war durch und durch nass. Es war schon sehr einprägsam.


checkbar.eu: Wie geht es nach der Tour weiter?

Georgij: Dann haben wir erst einmal eine Depression!

checkbar.eu: Eine? – für alle, ihr teilt euch die?

Georgij: Ja eine für alle. Danach bekommt jeder seine eigene. Und dann überlegen wir uns was. Eigentlich werden wir schon mit neuen Sachen anfangen.

checkbar.eu: Wie sieht es bei Dir aus mit Musical?

Georgij: Ein Musical werde ich vielleicht nächstes Jahr annehmen, da kann ich jetzt aber noch nichts von erzählen.

checkbar.eu: Darauf bin ich schon sehr gespannt! Was würdest Du machen, wenn Du kein Musiker wärst?

Georgij: Ich wäre Tischler! Ich liebe die Arbeit mit Holz.

checkbar.eu: Noch eine abschließende Frage: Was würdest Du  jungen Bands empfehlen, die genauso erfolgreich werden möchten wie ihr?

Georgij: Ich habe einen guten Spruch gelesen: „Work hard and be nice to people“ – that´s all. Wenn man seine eigene Begeisterung leben darf und die Musik als Job hat, das ist schon ziemliches Glück. Da bin ich sehr dankbar für alles, was das ermöglicht.

checkbar.eu: Ich danke Dir für dieses Interview so kurz vor dem Auftritt.

Georgij: Gerne, gerne. Und jetzt singt Ihr euch mit mir zusammen ein?

Wer Russkaja verpasst hat, bekommt im Herbst noch einmal die Gelegenheit: