Titelfoto: KarSo-Fotos

Im Oktober war das Ensemble der FreAkademy Cologne wieder zu Gast im  selbsternannten Künstler-Freistaat Odonien. Das rustikale Freilichtatelier in der Hornstraße gegenüber dem Pascha, einem der größten Freudenhäuser Europas gelegen, bietet mit seinen Skulpturen und Kunstwerken die optimalen Voraussetzungen für eine Inszenierung der ganz besonderen Art. Ein perfekter Ort, um Gruselgeschichten zu erzählen, die leider näher an der Realität liegen, als man zu glauben im Stande ist. 
Die “FreAkademy” ist Kölns erstes Haunted House (dt. Spukhaus) mit professionellen Schauspieler*Innen und seit 2019 mit verschiedenen Inszenierungen in Odo Rumpfs Odonien erlebbar. Um Halloween öffneten sich die Tore an ein paar Abenden für das TollHaus!

“Das TollHaus ist eine transmediale Horror-Attraktion mit professionellem Schauspiel, inspiriert von dem Freiheitsgefühl und der Dekadenz der goldenen Zwanziger. Ein Ort für schräge Fantasien, Liebe, Lust und Leidenschaft. Die Bewohner*innen des Hauses laden euch ein, die unterschiedlichen Zimmer zu besichtigen. Genießt euren Aufenthalt, doch seid vorsichtig, ihr seid nicht die einzigen Freaks, die dieses Etablissement besuchen.
Haltet euch an die Regeln des Hauses und bleibt aufmerksam, möglicherweise werdet ihr verfolgt.” (aus der Ankündigung)

Im Biergarten gab es auf der Außenbühne unterschiedliche, sehr eindrucksvolle Life-Acts aus den Bereichen Poetry, Theater und Tanz. 

Das Kabinett,  Herzstück der Horror-Inszenierung im hinteren Teil des Geländes wurde -pandemisch bedingt- mit maximal 5 Personen durchlaufen. Dies verursachte zwar Wartezeiten, musste aber als Zugeständnis an die augenblickliche Situation in Kauf genommen werden, um diese Kulturveranstaltung überhaupt stattfinden lassen zu können. Bei seinen Performances setzt Regisseur Nicolas Folz auf die Form des immersiven Theaters. Dabei wird auf die Trennung von Bühne und Zuschauerraum verzichtet  und das Publikum nimmt interaktiv an der Inszenierung teil. Die Abstandsregelungen forderten natürlich auch hier ihren Tribut. Dennoch gelang es dem Ensemble, uns aus der Rolle des bloßen Voyeurs zu entführen. Obwohl ich die anderen vier Besucher  vor unserer Tour durch die Räume des TollHauses nicht kannte, wuchsen wir schnell zu einer harmonischen Gruppe zusammen, die aufeinander Acht gab und auch in den sehr dunklen Bereichen niemanden zurück ließ. 

In mehreren Räumen wurden wir Ohren- und Augenzeuge von düsteren,  unheimlichen, skurrilen und teilweise verstörenden Geschichten, die auf den ersten Blick eigenständige Erzählungen waren, aber am Schluss doch irgendwie auch zusammengehörten. Nach dem letzten Raum nutzen wir den Rückweg zum Biergarten, um erstmal durchzuatmen und uns über das Erlebte auszutauschen. Einig waren wir uns, dass der Trip sehr unter die Haut ging und uns nachdenklich zurückließ, da nicht alle Details aufgeklärt wurden. Dadurch blieb genug Raum für die eigene Phantasie.
Die schrille und sehr professionelle  Inszenierung entführte mich länger als nur einen Abend aus meinem (beschützen) Alltag. Sie konfrontierte mich mit seinem erschreckend realen Horror teilweise mit einer mir (zum Glück) unbekannten Welt. Ein ums andere Mal musste ich wirklich schlucken, so zum Beispiel als die Sex-Telefonistin nebenan ge- (oder er-?)schlagen wurde, weil sie ihrem Nachbarn schlicht zu laut war. Gerade eben noch hatte sie mit uns geplaudert, und während der schrecklichen Tat befanden wir uns in der Wohnung dieses Freaks und suchten den Weg durch die Dunkelheit. Die einzige Hilfe war ein gespanntes Flatterband, das uns den Weg zurück ins Licht und damit in die vermeintliche Sicherheit zeigte. 

Mein Fazit: Anspannung, Nervenkitzel und beste Unterhaltung auf sehr hohem Niveau!  Hier wird mit der Angst vor Unvorhergesehenem, vor Dunkelheit und Enge gespielt, schockiert, aber auch auf soziale und gesellschaftliche Missstände Aufmerksam gemacht. Für mich war es die erste, aber sicher nicht die letzte Begegnung mit der FreAkademy Cologne!