Ich treffe die Bühnenkünstlerin, Sängerin, Moderatorin, Entertainerin, Bloggerin, Komponistin, Autorin und  Produzentin Evi Niessner zwischen Soundcheck und Show im Ebertbad in Oberhausen.

checkbar: Liebe Frau Niessner, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview nehmen. In Glanz auf dem Vulkan geht es um die 1920er Jahre. Zu den 2020er Jahren gibt es ja einige Parallelen. Wie viel Aktuelles steckt in ihrer Show?

Evi Niessner: Das ist genau unser Ansatz. Wir machen keine Retroshow, sondern wollen die 1920er und die 2020er künstlerisch, aber auch mit dem, was aktuell in der Luft liegt, in eine Deckung bringen und gleichzeitig transparent bleiben. 
Glanz auf dem Vulkan ist nicht nur für Vintagefans oder Zeitreisende. Wir wollen auf keinen Fall eine „Wie schön war es damals“ Atmosphäre oder und irgendwas zurückgewandtes, sondern eine lebendige Show im Hier und Jetzt. Es geht um den Dialog der 1920er und 2020er. Meine Zwischenmoderationen kreisen auch um Aktuelles und wer sich ein bisschen auskennt, wird Zitate erkennen, die ich entweder konterkariere oder aufgreife und in einen Kontext stelle.

checkbar: Werden nur Musikstücke aus den 1920ern gespielt oder auch neue, vielleicht sogar selbst geschriebene Stücke?

Evi Niessner: Wir haben eine Mischung aus allem, auch moderne Popmusik, die wir so integrieren, dass es künstlerisch aus einem Guss ist. Und wir haben auch neue Kompositionen im Programm.  Die Popsongs lassen wir so klingen, als wären sie in den 1920ern geschrieben. Allerdings treffen wir diesen Sound eher emotional  bzw. vom Sinnlichen her, denn wenn man sich heute eine Schellack-Platte anhört, entspricht das nicht mehr den heutigen Hörgewohnheiten und man will sich natürlich so keine ganze Show anhören.

checkbar: Sie moderieren die Show als Gastgeberin und singen auch. Wie sehr hilft Ihnen dabei Ihre Ausbildung als Opernsängerin?

Evi Niessner: Ich bin ausgebildete Opernsängerin, aber das allein ist kein Qualitätsmerkmal für irgendwas. Ich habe schon bei meiner Ausbildung gar keinen Fokus darauf gelegt, dass ich Opern singen will. Ich wollte eine möglichst gute Technik lernen, damit ich das mein Leben lang  auch wirklich machen kann und meine Stimme möglichst so zur Verfügung habe, dass ich alles singen kann, was ich will. Und in dieser Show ist eine extreme Vielfalt an Stilen und an Tonlagen, sodass ich mit meiner Stimme darin schwelgen und mich in alle Richtungen stimmlich austoben kann. 

checkbar: Sie haben zu den 1920er – Jahren auch einen starken Bezug?

Evi Niessner: Diese Zeit hat mich wirklich so inspiriert, dass ich gleich nach meiner Opernausbildung wusste, das ist das, was ich machen möchte.

Mich fasziniert dieser Stil und die Ästhetik, aber vor allem das, was wirklich golden war in dieser Zeit, nämlich die kulturelle Blüte hat mich in den Bann gezogen.  Diese große Community der jüdischen Künstler, die auch dieses Schubladendenken von heute noch gar nicht kannten. In Deutschland es gibt E-Musik und U-Musik, Hochkultur und Subkultur. Das ist alles immer noch so festgefahren und es ist einfach mein großer Spaß,  dies alles aufzubrechen.  Ich arbeite mit ganz vielfältigen KünstlerInnen zusammen. Wir haben klassisch ausgebildete Ballerinas, studierte Musiker aus London, aber auch den Blues Musiker aus San Francisco. Eine Melange, in der jeder seine persönliche Geschichte mitbringt.  Wir sind ja keine zusammengecastete Truppe, sondern wir sind über die Jahre zusammengewachsen.   

checkbar: Wie haben Sie die KünstlerInnen ausgewählt für die Show?

Evi Niessner: Teilweise durch langjährige Bindung, da man mit verschiedenen Musikern hier und da schon gespielt hat. Die Tänzerinnen haben neue dazu gebracht und wir haben ein sehr großes Vertrauen aufgebaut. Die Idee zu dieser Show habe ich schon seit rund 30 Jahren. Ich wollte ein großes Ensemble mit Artistik. In den letzten anderthalb Jahre vor der Premiere, in der kreativen Endphase also, waren die Künstler schon da und teilweise haben wir ihnen die Rollen auf den Leib geschrieben.
Und ab irgendeinem Punkt mache ich es auch gar nicht mehr selber, sondern kommt eins zum anderen und ich schreibe nur noch das Script auf. 

checkbar: Diese Show ist also die Erfüllung eines großen Traumes für Sie?

Evi Niessner: Ja wirklich absolut. Und das löst sich auch jeden Abend wieder ein. Ich glaube, das merken die Leute dann auch. Das ist nicht, heute machen wir statt Abba mal die 20er Jahre. Es gibt viele andere 20er – Jahre Shows und die haben alle ihren Stil und ihre Berechtigung. Aber bei uns ist das „Alles oder nichts“. Das ist einfach unser Leben.

checkbar: Sie haben mir im Vorgespräch erzählt, dass Sie eine besondere Beziehung zum Ebertbad haben?

Evi Niessner: Das Ebertbad ist eine Bühne, die weit über die Grenzen Oberhausens bekannt ist. Wir haben hier auch schon Let’s Burlesque! gespielt, da ist der Backstagebereich fast explodiert. Alles voller Glitter, Flimmer, Federboas, nackten Girls, verrückten Musikern. Und jetzt kommen wir mit Glanz her. Eigentlich sprengt das total den Rahmen dieses Hauses. Aber in diesem Haus merkt man, das ist ein Herzens- und Lebensprojekt der Betreiber, weit über das Business hinaus. Hier wird man vom Chef selber bekocht und schafft eine sehr aufmerksame und wertschätzende Atmosphäre und ein Zuhause-Gefühl. So etwas gibt es nicht oft in Deutschland.
Das Ebertbad ist über viele Jahre gewachsen und hat eine interessante Geschichte. In unserer Show  gibt es die Rolle der Claire, die von zwei Frauen inspiriert wurde. Zum einen Clärenore Stinnes, die als erster Mensch die Welt mit dem Auto umrundet hat, zum anderen von Claire Waldorf, die in den 20ern DIE Berlinerin war, ursprünglich aber aus Gelsenkirchen kam und 1910 hier im Ebertbad schwamm.

checkbar: Eine sehr schöne Geschichte! Welche Zielgruppe sprechen Sie an mit Ihrer Show?

Evi Niessner: Es ist eine Show, die Anspruch und Substanz hat. Die etwas zu sagen hat, aber so verpackt ist,  das es einfach großes Entertainment und Unterhaltung ist.
Das ist der Ansatz unserer Showcompany. Ich möchte den Beweis antreten, dass es möglich ist, gute Unterhaltung zu machen, die trotzdem Substanz und gute Qualität hat. Ich würde mir wünschen, dass  nicht alles, was seicht ist, als Unterhaltung gilt und alles, was einen Wert hat,  irgendwie als langweilig oder schwer verdaulich eingestuft wird. Wir möchten ein möglichst breites Publikum ansprechen, wollen die Leute auf verschiedenen Ebenen abholen und die ganze Zeit mitnehmen, damit sie uns im Herzen noch mit nach Hause tragen können,  wo wir dann auch noch weiterleben.  Wir wollen eine Message verbreiten – gerade in diesen Zeiten. Ich werde auch in der Show heute etwas sagen zum aktuellen Anlass. 

checkbar: Es gibt ja einige, die vielleicht schon nicht mehr ängstlich sind wegen Corona, aber die sich fragen, ob man in diesen Zeiten noch unbeschwert eine Show wie diese spielen oder ansehen kann. 

Evi Niessner: Kultur wurde in der Pandemiezeit als Luxus, als nichts Lebensnotwendiges eingestuft. Aber die Kultur ist ein Katalysator,  sie verstoffwechselt alle Geschehnisse, auch der Krieg muss  verarbeitet werden.  Man schaut sich nicht nur eine Kulturveranstaltung an, ist ein bisschen abgelenkt und geht dann wieder nach Hause. Wir machen natürlich kein politisches Kabarett, aber wir triggern etwas an, und zwar auf Ebenen, wo wir die Leute erreichen. Wo das Wort teilweise nicht hinkommt, erreicht man durch die Verbindung von visuellen Eindrücken und Musik ganz viel.  Kultur ist überlebenswichtig für die Gesundheit unserer Gesellschaft.

checkbar: Sie machen noch ein paar andere Shows wie Mondän,

Evi Niessner: Das ist die ganz neue!

checkbar: Edith Piaf oder auch Let’s Burlesque! Was werden wir dieses Jahr noch sehen können, außer Glanz auf dem Vulkan?

Evi Niessner: Wir sind ja eine Showcompany, die aus meinem Mann Mr. Leu und mir  erwachsen ist. Wir sind 1996  zusammen gekommen waren Miss Evi & MrLeu.  Insgesamt spielen wir zurzeit sechs Shows parallel, allerdings wechseln wir nicht an einem Wochenende die Show. 

checkbar: Eine letzte Frage: Haben Sie noch Lampenfieber?

Evi Niessner: Kommt darauf an. Wenn Lampenfieber nur der kurze Moment vor der Show ist, wo das Adrenalin rein schießt und man in einer Art Schwebezustand ist, ja.  Man lernt mit der Zeit, das physisch und geistig aufzunehmen und als Energie umzuwandeln.  Wovor alle Angst haben ist, dass Lampenfieber dich blockiert.  Das ist eine Sache des Trainings, damit  Gehirnzellen und Körper wissen, was sie zu tun haben, um diese Energie nutzen zu können.

checkbar: Liebe Frau Niessner, ich danke Ihnen für Ihre spannenden Antworten und freue mich sehr auf die Show.

Evi Niessner: Sehr gerne. Ich wünsche viel Vergnügen!

 

Die nächsten Shows:


03.06.2022
Furtwangen
Kulturfabrik

05.06.2022
Kiedrich
Champagnerfest

10.06.2022
Stuttgart
Friedrichsbau

11.06.2022
Stuttgart
Friedrichsbau

18.06.2022
Stephanshausen
Alte Schule

Evi Niessner singt Piaf am 17.10.2021 im Neuen Theater in Frankfurt Höchst
07.07.2022
Köln
Volksbühne

12.08.2022
Düren
Haus der Stadt

27.08.2022
Wien
Theater am Spittelberg

Evi Niessner singt Piaf am 17.10.2021 im Neuen Theater in Frankfurt Höchst
03.09.2022
Potsdam
Nikolaisaal

09.09.2022
Odernheim Glan
tba

16.09.2022
Wiesbaden
Kurhaus

24.09.2022
Lahnstein
Daniel Stelter meets Mr. Leu

06.10.2022
Wiesbaden
Thalhaus

07.10.2022
Wiesbaden
Thalhaus

14.10.2022
Potsdam
Nikolaisaal

21.10.2022
Traunreut
K1

24.10.2022
Stuttgart
Friedrichsbau

Evi Niessner singt Piaf am 17.10.2021 im Neuen Theater in Frankfurt Höchst
27.10.2022
Remscheid
Klosterkirche

28.10.2022
Wiesbaden
Thalhaus

03.11.2022
Stade
Stadeum

04.11.2022
Paderborn
Paderhalle

05.11.2022
Rüsselsheim
Theater

12.11.2022
Mainz
Frankfurter Hof

21.11.2022
Darmstadt
Staatstheater

26.11.2022
Hannover
Theater am Aegi

01.12.2022
Taufkirchen
Kulturzentrum

02.12.2022
Taufkirchen
Kulturzentrum

19.01.2023
Balingen
Stadthalle

20.01.2023
Schorndorf
Barbara-Künkelin-Halle

31.03.2023
Potsdam
Nikolaisaal

06.05.2023
Worms
Stadthalle

21.10.2023
Mühlacker
Uhlandbau

29.10.2023
Magdeburg
Grüne Zitadelle