Cabaret – Besuchte Vorstellung: 28.08.24
Es gibt wohl nicht viele, denen das berühmte Musical Cabaret aus dem Jahre 1966 oder die mehrfach prämierte Verfilmung mit Liza Minelli in der Rolle der Nachtclubsängerin Sally Bowles von 1972 kein Begriff ist. Spätestens beim legendären Kit-Kat-Club fällt der Groschen. Das Musical über zwei Liebesgeschichten in den wilden 30er Jahren Berlins hat internationale Erfolgsgeschichte geschrieben. Songs wie Maybe This Time, Money-Money, Mein Herr, Willkommen, Bienvenue, Welcome zählen zu den unvergesslichen, beliebtesten Musical-Evergreens.
Regisseur und Madonna-Choreograph Vincent Patersons Version des Berlin-Musicals wurde 2004 in der Bar jeder Vernunft uraufgeführt. Seit 2010 ist Cabaret in den Sommermonaten regelmäßig im Tipi am Kanzleramt zu sehen.
Vorstellungen 13. Juli – 06. Oktober 2024
Die Story: Das Musical „Cabaret“ spielt im Berlin der frühen 1930er Jahre, einer Zeit des politischen und sozialen Umbruchs, kurz vor der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten. Im Mittelpunkt der Handlung steht der amerikanische Schriftsteller Clifford „Cliff“ Bradshaw, der in die Stadt kommt, um Inspiration für seinen nächsten Roman zu finden.
Willkommen! Bienvenue! Welcome!
Bei seiner Ankunft in Berlin mietet Cliff ein Zimmer bei Fräulein Schneider, einer älteren Vermieterin, die versucht, in dieser unsicheren Zeit über die Runden zu kommen. Bald lernt Cliff den exzentrischen Conférencier des Kit-Kat-Klubs kennen, der die zwielichtigen, aber auch faszinierenden Seiten der Stadt verkörpert. Hier trifft Cliff die britische Sängerin Sally Bowles, die dort als Star des Abends auftritt. Sally ist eine freigeistige und lebenshungrige junge Frau, die sich in den Glanz und die Exzesse des Nachtlebens stürzt, um ihre Unsicherheiten zu verdrängen. Trotz ihrer Unterschiede entwickeln Cliff und Sally eine leidenschaftliche, aber komplizierte Beziehung.
Parallel dazu entwickelt sich eine weitere Liebesgeschichte zwischen Fräulein Schneider und Herrn Schultz, der einen Obsthandel am Nolendorfplatz betreibt. Doch als der politische Druck wächst und der Antisemitismus zunimmt, beginnt Fräulein Schneider zu zweifeln, ob sie diese Beziehung fortsetzen kann.
„Cabaret“ ist mehr als nur eine Liebesgeschichte
Währenddessen wird die Stimmung im Land immer düsterer. Cliff erkennt allmählich die Bedrohung, die vom Aufstieg der Nazis ausgeht, und steht vor der Entscheidung, ob er in Berlin bleiben oder zurück in die USA gehen soll.
„Cabaret“ ist mehr als nur eine Liebesgeschichte – es ist ein starkes Stück über die Zerbrechlichkeit von Freiheit und die verheerenden Auswirkungen von Gleichgültigkeit in politisch instabilen Zeiten. Das Musical zeigt die verführerische Oberfläche einer Welt im Untergang, während es zugleich die düsteren Kräfte enthüllt, die im Hintergrund wirken.
Maria-Danaé Bansen als Sally Bowles: Eine Glanzleistung!
Maria-Danaé Bansen gelingt es, die komplexe Persönlichkeit der Sally Bowles und die Mischung aus Verzweiflung und unbändigem Lebenswillen darzustellen. Sie zeigt die unbeschwerte, lebensfrohe Seite ebenso überzeugend wie die tieferen, verletzlichen Schichten dieses Charakters. Ihr Charisma auf der Bühne ist unübersehbar, denn sie strahlt eine solche Präsenz aus, dass man als Zuschauer förmlich mit ihr auf der Bühne lebt und leidet. Gesanglich liefert Bansen eine herausragende Performance ab. Ihre Interpretation der bekannten Lieder wie „Sags nicht Mami“ und vor allem „Maybe This Time“ ist voller Emotionen und Kraft.
Chris M. Nachtigall als Cliff Bradshaw: Überzeugend!
Chris M. Nachtigall überzeugt als Cliff Bradshaw. Seine Darstellung des jungen amerikanischen Schriftstellers, der sich in das aufregende, aber auch gefährliche Berlin der 1930er Jahre begibt, ist authentisch und berührend. Es gelingt ihm, die Entwicklung Cliffs eindrucksvoll darzustellen. Zu Beginn verkörpert er die naive Neugier eines jungen Mannes, der das Abenteuer in einer fremden Stadt sucht. Doch im Laufe des Stücks zeigt Nachtigall mit viel Fingerspitzengefühl, wie sich Cliffs Perspektive verändert. Seine Wandlung vom unbeschwerten Reisenden zum ernüchterten Beobachter der politischen und sozialen Umwälzungen ist glaubwürdig und nachvollziehbar. Die Beziehung zwischen Cliff und Sally wird von Nachtigall mit einer feinfühligen Mischung aus Zuneigung und innerem Konflikt dargestellt.
Mathias Schlung als Conférencier: Geheimnisvoll!
Mathias Schlung tritt in der ikonischen Rolle des Conférencier auf. Charismatisch und vielschichtig agiert er in einer faszinierende Mischung aus Humor, Charme und unterschwelliger Bedrohlichkeit. Mit einer feinen Balance aus Leichtigkeit, dunklem Ernst, feiner Ironie und einem Hauch von Zynismus zeigt Schlung die Abgründe hinter der glitzernden Fassade des Nachtlebens auf. Auch gesanglich weiß Mathias Schlung zu überzeugen. Seine Interpretation von „Willkommen, Bienvenue, Welcome“ und „Money, Money“ ist mitreißend, wobei er gekonnt zwischen humorvollen und düsteren Tönen wechselt.
Daniela Ziegler als Fräulein Schneider: Tiefgründig
Daniela Ziegler glänzt in der Rolle der Fräulein Schneider mit einer bemerkenswerte Tiefe und Authentizität. Ihre Darstellung der verwitweten, pragmatischen Vermieterin, die sich in einer schwierigen Zeit behaupten muss, ist durchdrungen von emotionaler Tiefe und menschlicher Wärme. Ziegler zeigt Fräulein Schneider als eine Frau, die zwischen ihrer Sehnsucht nach Liebe und Sicherheit und der harten Realität des aufkommenden Nationalsozialismus hin- und hergerissen ist. Klasse ist sie auch in ihren musikalischen Momenten. Ihr Duett mit Herrn Schultz, „Nichts wäre mir so lieb“, ist ein berührendes Highlight des Abends, das die zerbrechliche Hoffnung auf eine späte Liebe wunderbar einfängt. Mit ihrer warmen und ausdrucksstarken Stimme verleiht Ziegler diesem Lied eine rührende Sanftheit. Ebenso eindrucksvoll ist ihre Darbietung von „What Would You Do?“, in der sie die tiefe Verzweiflung und das Dilemma ihrer Figur mit großer emotionaler Kraft und Klarheit vermittelt.
Nicht nur musikalisch ist die Show ein absolutes Highlight. Die Live-Band verleiht den bekannten Melodien eine mitreißende Dynamik, die sofort ins Ohr geht und die Zuhörer zum Mitwippen animiert. Besonders „Willkommen, Bienvenue, Welcome“, „Money, Money“ und natürlich „Cabaret“ sind wahre Ohrwürmer, die noch lange nach dem Verlassen des Theaters nachklingen.
Die Inszenierung schafft es, die schillernde Welt der 1930er Jahre mit all ihren Facetten einzufangen – vom glamourösen Nachtleben bis hin zu den dunklen Schatten, die sich über diese Zeit legen. Die Mischung aus Unterhaltung und Ernsthaftigkeit ist perfekt ausbalanciert und regt zum Nachdenken an, ohne dabei den Unterhaltungswert zu schmälern.
Unser Fazit:
Das Musical Cabaret überzeugt mit einer großartigen Choreografie und einer unter die Haut gehenden Story in einer berührenden Inszenierung! Der Cast ist jeder Rolle perfekt besetzt. Tolle Darsteller, erstklassige Musiker, raffinierte Bühnenbilder und weltbekannte Songs verschmelzen zu einem magischen Gesamtkunstwerk im Herzen der Hauptstadt!
Besetzung 2024 (rot Besetzung am 28.08.24)
Sally Bowles: Maria-Danaé Bansen · Paulina Plucinski · Linda Rietdorff
Clifford Bradshaw: Alexander Donesch Dennis Hupka · Chris M. Nachtigall Simon Rusch
Conférencier: Mathias Schlung · Oliver Urbanski
Fräulein Schneider: Regina Lemnitz · Daniela Ziegler
Herr Schultz: Peter Rühring · Dirk Schoedon · Helmut Mooshammer
Fräulein Kost: Jacqueline Macaulay · Anna Overbeck · Julie Wolff
Ernst Ludwig: Torsten Stoll · Tobias Wollschläger
Bobby / Matrose: Lukas Baeskow · Dennis Hupka · Christoph Jonas · Samuel J. Schaarschmidt
Max / Matrose: Christian Arndt Sanchez · Daniel Sellier
Kit Kat Girls (Helga, Mausi, Lulu und Frenchie): Kiara Brunken · Michael Fernandez · Sarah Fleige · Robert Lankester · Lauren Mayer · Carolin Schönemann · Tobias Stemmer · Deliah Stuker · Anastasia Troska · Cindy Walther · Julie Wolff · Marion Wulf
Die Band
Piano / Toypiano / Akkordeon: Jörg Daniel Heinzmann · Damian Omansen (musikalische Leitung)
Violine / Singende Säge / Matrose: Dragan Radosavijevic · Christian Runge
Posaune / Steel Guitar: Daniel Busch · Christian Fischer · Ludwig Kociok · Friedrich Milz
Kontrabass / Tuba / Triangel: Björn Sickert
Schlagzeug / Glockenspiel / Matrose: Caspar Hachfeld · Julian Kirchmer
Kreativteam
Künstlerische Gesamtleitung: Lutz Deisinger
Szenische Einstudierung, Spiel & Produktionsleitung: Thimo Pommerening
Musikalische Einstudierung & Leitung: Damian Omansen
Choreographische Einstudierung & Dance Captain: Paulina Plucinski
Kostümbild (2004): Fiona Bennett und Nicole von Graevenitz
Kostümbild Wiederaufnahme: Stefanie Krimmel
Maskenbild: Beatrice Steppa
Bühnenbild: Momme Röhrbein
Technische Einrichtung: Dirk Schröder
Licht: Sven Herzel
Ton: Danny Selinger
Regie & Choreographie: Vincent Paterson
Musikalischer Leiter der Premiere: Adam Benzwi
Regieberatung & Co-Choreographie: Mette Berggreen
Buch: Joe Masteroff – Nach dem Stück „Ich bin eine Kamera“ von John van Druten und nach den Erzählungen von Christopher Isherwood
Musik: John Kander
Gesangstexte: Fred Ebb (Deutsch von Robert Gilbert)
13. Juli – 06. Oktober 2024
CABARET
Das Berlin-Musical
Musical
Di. – Sa. 20:00 Uhr, Einlass ab 18:30 Uhr
So. 19:00 Uhr, Einlass ab 17:30 Uhr
Karten inkl. aller Gebühren: VVK € 20,00 – 69,90 // Ermäßigte Karten: € 12,50 – 18,50
Große Querallee, 10557 Berlin
Tickets und mehr Informationen
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